Diese Seite vorlesen, 3'45":
Muttschiff.
Torfkahn der frühen Siedler.
Das Muttschiff diente den Papenburger Siedlern jahrhundertelang als Transportmittel für den abgebauten Torf und als Wasserfahrzeug auf den Kanälen und der Ems. Dieses der holländischen Tjalk ähnliche Schiff war ein typisches Plattbodenschiff. Allein die geringe Wassertiefe in den die Stadt Papenburg durchziehenden Kanäle machte einen geringen Tiefgang der Muttschiffe nötig, also ein Schiff ohne Balkenkiel. Ein Nebeneffekt des flachen Bodens ist, dass das Muttschiff wie auch andere Plattbodenschiffe während der Gezeiten bei Tief-Ebbe aufrecht trockenfallen, das heißt, dass sie mit dem ganzen Rumpf auf Grund aufsetzen können, ohne in größere Schieflage zu geraten. Bei auflaufendem Wasser schwimmen Plattbodenschiffe auf der steigenden Flut selbsttätig wieder auf. – Auch unterschied die Mutte sich in der Größe von der Tjalk. War letztere etwa 14 m lang und bis zu 4 m breit, hatte die Mutte eine Länge von ca. 9 bis 11m und eine Breite von etwa 3,20 m bis 3,50 m. Die Tjalk war im Allgemeinen an Bug und Heck rundbäuchig. Die Mutte hingegen zeigte sich sowohl rund- als auch spitzbäuchig. Für die Spitzmutte galt, „weniger Last, mehr Tempo“.
Ein Nachteil von Schiffsrümpfen mit flachem Boden ohne Kiel ist deren geringere Stabilität gegenüber Seitenwind; Schiffe dieser Bauart sind anfällig für das Rollen um die Längsachse des Rumpfes sowie für Abdrift vom Kurs. Um dies vermindern zu können, haben Tjalken wie auch Mutten die für Plattbodenschiffe typischen Seitenschwerter. An beiden Seiten des Schiffsrumpfes, Backbord und Steuerbord, ist mittschiffs ein großformatiger, paddel- bis tropfenförmiger und um eine horizontale Achse schwenkbarer Stabilisator in Brettform angebracht, das Seitenschwert. Bei Seitenwind wird jeweils das auf der dem Wind abgewandten Seite, Lee, befindliche Schwert herunter gelassen – „zu Wasser gelassen“ – um das Schiff zu stabilisieren.
Die Takelung einer Mutte besteht aus einem großen Gaffelsegel – Hauptsegel – mit kurzer Gaffel und langem Großbaum sowie einem Stagsegel – Focksegel – .
Muttschiffe gab es in Papenburg in großer Zahl. Sie waren der Grundstein für die Papenburger Wirtschaft, halfen sie doch, die Märkte an der Ems sowie im Nord-und Ostseeküstenraum zu erschließen. Mit der Vergrößerung des Drostensiels im Jahre 1771 wurden sie dann mehr und mehr abgelöst von Schiffstypen wie Kuff, Brigg, Bark oder Schoner, die die Weltmeere befuhren. Die Muttschiffe befuhren die Papenburger Kanäle noch bis in die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts und verschwanden dann endgültig aus dem Stadtbild.
Die in der Von-Velen-Anlage liegenden Muttschiffe, die Angela im Trockendock neben dem alten Kapitänshaus und die Therese im Kanal vor dem Haus Bid Klamphauer sind spätere Nachbauten.
Autor: Ludger Stukenborg, Sprecherin: Monika Stukenborg, Webseite: Herbert Rohrbach